Truppenbetreuung

Im Juni 1941 begann das Deutsche Reich den deutsch-sowjetischen Krieg. Der Vormarsch der deutschen Truppen verlief zunächst zügig. Große Gebiete wurden besetzt, darunter diejenigen Teile Polens, die 1939 von der Sowjetunion okkupiert worden waren. Hierzu gehörte der Bezirk Bialystok, der unmittelbar an Ostpreußen angrenzte.

Dem Landestheater Südostpreußen in Allenstein erwuchs hieraus die zusätzliche Aufgabe, auch hier vor deutschen Truppen Theatervorstellungen zu geben. Dies erhöhte die Anforderungen an das Allensteiner Theater noch einmal erheblich. Es wurde eine weitere Theatergruppe gebildet, die vom Standort Allenstein aus diesen Auftrag übernahm. Im Unterschied zum Regierungsbezirk Zichenau wurde in diesem Fall aber keine neue Zweigbühne eingerichtet.

Der Krieg gegen die Sowjetunion war gleichzeitig der Startschuss für die verwerflichste Seite des Naziregimes, die „Endlösung der Judenfrage“, den Holocaust. Wegen des relativ hohen Anteils von Juden an der Wohnbevölkerung hatte dies für den Bezirk Bialystok unmittelbare Folgen. Schon im Juni 1941 wurde in Lomscha ein Getto gebildet, im November in Grodno deren zwei; in Bialystok kam es auf dem Getto-Terrain zur Errichtung eines Konzentrationslagers. Auch in diesen Orten fanden regelmäßig Theateraufführungen statt (s. Spielpläne). Die Allensteiner Theatertruppe spielte also nicht nur für „normale“ Soldaten, sondern auch für Einheiten, die mit dem hässlichsten Aspekt des Dritten Reiches unmittelbar zu tun hatten. – Die Nachkriegsliteratur über Allenstein und sein Theater geht bisher – soweit erkennbar – mit keinem Wort auf diesen Sachverhalt ein.

Die Programmgestaltung bei den Theaterbesuchen im Bezirk Bialystok verlief nach demselben Muster wie bei der Zweigbühne Schröttersburg: In allen besuchten Orten gab es jeweils dasselbe Stück. Bei der Auswahl vermied man höhere Ansprüche weitgehend.

Das Landestheater Südostpreußen Allenstein gab gelegentlich auch Wehrmachtsvorstellungen im Gebiet des Generalgouvernements, so etwa in Modlin und Zegrze.

Hier geht es zu einer Übersicht über die im Bezirk Bialystok durchgeführten „Abstecher“ (Details s. Spielpläne).

Bisher wurden diejenigen Wehrmachtsvorstellungen dokumentiert, bei denen der Spielort bekannt ist. Der BSP führt zusätzlich eine Reihe von Aufführungen an, die als "Wehrmachtstournee" gekennzeichnet sind, bei denen aber die Ortsangabe fehlt. Deshalb bleibt es hier bei einer Aufzählung (Details s. Spielpläne):

  • 01.–14.07.1943: Drei alte Schachteln (Kollo)
  • 03.–17.08.1943: Post aus Schweden (Friese / Wichart)
  • 09.–23.10.1943: Post aus Schweden (Friese / Wichart)
  • 13.–22.12.1943: Die Sterne lügen nicht (Fitz)

Anmerkung: Es fällt ins Auge, dass die jeweilige Zahl der eben genannten Tournee-Aufführungen mit etwa 14 oder 15 ebenso groß ist wie die der vorherigen Abstecher in den Bezirk Bialystok. Deshalb ist es denkbar, dass es auch hier nach Bialystok ging, zumal für diesen Zeitraum keine anderen Aufführungen im Bezirk mehr angegeben wurden. – Die vorrückende Rote Armee erreichte den Bezirk Bialystok jedenfalls erst gegen Ende des Jahres 1944.

Auch das Grenzlandtheater Tilsit gab Vorstellungen bei den deutschen Truppen. Dort sind allerdings die Spielorte i. a. nicht veröffentlicht worden.