Als sich in der Mitte der zwanziger Jahre die turbulenten Nachkriegsverhältnisse etwas normalisiert hatten, als die Inflation überstanden war, wurde in den ostpreußischen Kleinstädten erneut der Ruf nach Theaterversorgung laut. Erste Versuche dieser Art ein gutes Jahrzehnt vorher (Neues Luisentheater, Ostdeutsche Wanderbühne) hatte der Erste Weltkrieg beendet. Nun war zwar der örtliche Bedarf in Allenstein, Memel und Tilsit durch die dortigen Theater gedeckt, die Versorgung der übrigen Provinz lag aber brach.
Die früheste Reaktion war die Gründung der Ostpreußischen Provinzbühne, der freilich kein langes Leben beschieden war. Diese Wanderbühne entstand als private Initiative von Hans Bechmann, dem Direktor und Oberspielleiter der am Ende der Spielzeit 1924/25 geschlossenen Komischen Oper. Sie hatte in der Saison 1925/26 Auftritte in Lyck, Gumbinnen, Marienburg, Marienwerder, Pillkallen, Stallupönen, Goldap, Darkehmen und Pr. Eylau. Auch für die Folgespielzeit war zwischen dem 15. Oktober 1926 und 15. Mai 1927 eine Fortsetzung geplant; dabei wurde sogar die Zusammenarbeit mit dem Königsberger Sinfonie-Orchester ins Auge gefasst.
Es scheint so, als sei dieses Vorhaben nicht mehr umgesetzt worden; jedenfalls gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Bühne in der Spielzeit 1926/27 noch tätig geworden ist. Ein mutmaßlicher Grund hierfür drängt sich auf, wenn man zeitlich parallele Entwicklungen ins Auge fasst. Die Bedarfslage in der ostpreußischen Provinz war nicht ungewöhnlich. In anderen Regionen des Reichs kam es zu ähnlichen Nachfragen, die eine größere organisatorische Lösung zur Folge hatten, nämlich die Wanderbühnen des Verbandes der deutschen Volksbühnenvereine e.V. Berlin und die Wanderbühnen des Bühnenvolksbundes Berlin. Unter deren Dach entstanden 1927 zwei Wanderbühnen mit Sitz in Königsberg: das Landestheater für Ost- und Westpreußen und die Ostpreußische Bühne GmbH. Beide stellten die ländliche Versorgung bis 1932 bzw. 1933 sicher. Bereits vorher übernahmen das Landestheater Süd-Ostpreußen Allenstein (ab 1922/23) und das Grenzlandtheater Tilsit (ab 1929/30, vereinzelt schon früher) zunehmend deren Aufgabe bis 1944.
Wer die beschriebenen Bedingungen für die Arbeit der beiden neuen ostpreußischen Wanderbühnen betrachtet, kommt zu der Einschätzung, dass die oben erwähnte Ostpreußische Provinzbühne ein materiell und organisatorisch zu dürftiges Fundament besaß, um wirtschaftlich bestehen zu können.
Spielpläne der Ostpreußischen Provinzbühne liegen nicht vor.