Notiz: Herr Dibowski im Blutgericht
Im September 1840 hielt sich der Berliner Komponist und Pianist Hieronymus Thrun anlässlich der Huldigungsfeierlichkeiten für den gerade gekrönten neuen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. fast vier Wochen in Königsberg auf, vor allem um die hier im Theater als Gast auftretende Mezzosopranistin Agnese Schebest in einem Konzert (6. September) als Dirigent und in einem weiteren (15. September) als Pianist zu begleiten. Das drei Wochen dauernde Gastspiel gab Thrun die Gelegenheit, Königsberg und sein Musikleben kennenzulernen. Darüber berichtete er ausführlich in der Neuen Zeitschrift für Musik.
Thrun hat sich an seinen langen Tagen oft im Blutgericht aufgehalten. Hier lernte er den Buchhalter und Inspektor der historischen Weinstube, "Herrn Dibowski" kennen und setzte ihm ein kleines Denkmal. Der Text ist nicht bedeutend, aber rührend. Er bewahrt einen Mann vor dem Vergessen, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielen auswärtigen Künstlern Königsberg verkörperte.
Thruns Text ist hier zu erreichen.
Auch den musik- und theaterbegeisterten Königsbergern war Friedrich Wilhelm Dibowski durchaus ein Begriff, wie Erwin Kroll in seiner Musikstadt Königsberg mehrfach belegt. So habe Heinrich Dorn, nachdem er 1829 seine Tätigkeit als Musikdirektor am Schauspielhaus beendet hatte und im Begriff war, seine Heimatstadt zu verlassen, geschrieben: "Am 26. Mai mittags 12 Uhr geleitete mich ein heller Haufen von Kunstfreunden und Kunstgenossen - der alte Dibowski und Philipp Voigt an der Spitze - aus dem Schloßportal und an Kants Wohnhaus vorüber nach der Post ..." (Kroll 116).
Selbst die von Thrun erwähnte Tochter Dibowskis hatte im Musikleben Königsbergs einen öffentlichen Auftritt, als Franz Liszt 1842 mehrere Konzerte gab. Im Abstand von fast fünfzig Jahren berichtete jemand, der es erlebt hatte, in der Hartungschen Zeitung:
Beim ersten Konzert hätte alles auf den Augenblick gewartet, wo der junge Meister den Damen des Parketts seine Handschuhe als willkommene Beute vorwerfen würde. "In der Tat warf Liszt sie zur Erde. Sofort hob ein Herr sie auf und überreichte sie Fräulein Marie Dibowski, einer jungen Dame, ebenso ausgezeichnet durch ihr Klavierspiel wie durch ihre Schönheit. Aber die Dame wies die Handschuhe einfach zurück, auch keine andere nahm sie. So kamen die Königsberger um das interessante Schauspiel des Handschuhzerreißens." (Kroll 151).
Schließlich weiß Kroll zu berichten - und bestätigt damit Thrun -, dass Dibowski schon als junger Mann musikalisch aktiv war. 1793 habe Joseph Streber (1763-1828) ein "richtiges Theaterorchester" gegründet. "Schon vorher wußte Streber auch die Königsberger Musikliebhaber an sich zu fesseln, unter denen der Kaufmann Dibowski besonders eifrig war." (Kroll 48).
Eine kleine, hübsche Schlussbemerkung: Im Juli 1819 hat der in Königsberg gastierende Sohn Mozarts, Franz Xaver Wolfgang, ein Stammbuchblatt für Friedrich Wilhelm Dibowski geschrieben, dessen Transkription als externer Link auf der Website des Mozarteums Salzburg zu erreichen ist.