Der Melody-Club – Jazz in Königsberg 1935

Einführung

Joachim Ernst Berendt eröffnete 1953 das Vorwort zu seinem Fischer-Taschenbuch Das Jazzbuch, das – auch als Lizenzausgabe anderer Verlage – ungezählte Auflagen erlebte und die jazzinteressierte Nachkriegsgeneration als „Bibel“ begleitete:

Dieses Buch bemüht sich, die Meinungen und Vorstellungen, die man gemeinhin in Deutschland und auch anderswo von der Jazzmusik hat, auf den Kopf zu stellen. Es versucht zu zeigen, was hinter dem Jazz steckt. Es will gleichwohl keine Propaganda für die „Schwarze Musik“ machen. Es möchte nur dazu beitragen, dass die zahlreichen, meist unerfreulichen und oft unsachlichen Diskussionen über Jazzmusik auf den Boden der Wirklichkeit geführt und auf ihn zurückgeführt werden. Es will also zeigen, wie die Jazzmusik entstanden ist und wie sie ist, wer sie macht und wo sie gemacht wird (Fischer-Bücherei Nr. 48, S. 5).

Man sieht: Auch in der Mitte der fünfziger Jahre gab es noch verbreitete Vorurteile gegen den Jazz. „Schwarze Musik“ war weithin noch negativ besetzt; rassistisch gefärbte Wertungen wirkten nach.

Dass es auch im Dritten Reich in deutschen Städten den organisierten Versuch gab, über Jazzmusik zu informieren und sie zu vermitteln, ist kaum bekannt; dass Königsberg einer der Orte war, an denen dies besonders profiliert geschah, weiß praktisch niemand. In Deutschland mussten die Befürworter des Jazz sehr behutsam vorgehen, wollten sie nicht mit der rassistischen Ideologie des Nationalsozialismus in Konflikt geraten. Es passte gut in die Zeit, dass Anfang der dreißiger Jahre die Ära des Swing und der großen Big-Bands begann und die Vorherrschaft des New-Orleans-Stils ablöste. Das erleichterte die Bemühungen der Jazz-Propagandisten ungemein. Selbst deutsche Orchester, die sich dem neuen Stil verschrieben, konnten vereinzelt gegründet werden.

Jazz wurde aber vor allem durch amerikanische und englische, vereinzelt auch durch französische und deutsche Schallplatten vermittelt. Nach amerikanischen und englischen Vorbildern entstanden Clubs, auf deren Vereinsabenden unter fachlich versierter Begleitung thematisch gestaltete Schallplattenkonzerte stattfanden.

Der Königsberger Melody-Club wurde 1935 gegründet. Er ist untrennbar mit Dietrich Schulz-Köhn (1912–1999) verbunden, vielen Jazzfreunden nach dem Zweiten Weltkrieg als Dr. Jazz bekannt, als er im Radio – vor allem im NWDR, im WDR und im Deutschlandfunk – viele Sendungen moderierte und der neben dem eingangs zitierten Joachim Ernst Berendt der bedeutendste deutsche Jazz-Journalist wurde.

Dietrich Schulz-Köhn
(Bes.: Jens-Uwe Völmecke, Erftstadt-Liblar)

Ein Teil des Nachlasses von Dietrich Schulz-Köhn befindet sich in den Händen des Musikproduzenten und Musikjournalisten Jens-Uwe Völmecke, Erftstadt-Liblar. Darunter sind auch die Unterlagen über den Königsberger Melody-Club, die Schulz-Köhn akribisch selbst angefertigt und gesammelt hat.

Den Kontakt zu Jens-Uwe Völmecke hat der Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs (s. Links), Gerfried Horst, Berlin, vermittelt.

Gliederung:

Jens-Uwe Völmecke hat zugestimmt, Dokumente aus dem Nachlass Dietrich Schulz-Köhns in diesem Portal auszuwerten und zu veröffentlichen.

Zur Schreibweise:

Lt. Satzung war der Name des Clubs "Melodie-Klub", wohl in Anlehnung an die Scheibweise des Berliner Vorreiters. Dietrich Schulz-Köhn schrieb meistens "Melody-Club"; mit dieser Lesart trat der Club an die Öffentlichkeit; deshalb wird sie hier übernommen. Lediglich dort, wo Schriftstücke dokumentiert werden, erscheint der jeweils verwendete Name (Melodie-Klub, auch Melodie-Club).